Die AfD und das Frauenthema: Konservative Werte gepaart mit völkischer Diktion

Von Sylvia Gabelmann, MdB DIE LINKE

Die rechte Partei Alternative für Deutschland (AfD)vereinnahmt permanent Frauenrechte um gegen Geflüchtete zu hetzen. In ihren Bundestagsreden verbreitet sie unter dem Deckmantel des Schutzes der in Deutschland lebenden Frauen antimuslimischen Rassismus der reaktionärsten Sorte. Ebenso greift sie massiv linke Ideen an und verteidigt ihr konservatives Frauenbild mit flammendem Anti-Kommunismus. Gleichzeitig vertritt sie eine neoliberale Wirtschaftspolitik, die sich in ihrer Konsequenz nur gegen Frauen richten kann.

In den vergangenen Wochen haben verschiedene Reden und Aktionen der AfD im Bundestag gezeigt, wie die Rechte in Deutschland beständig das Thema Frauen für Rassismus und gegen die Errungenschaften insbesondere der 68er instrumentalisiert. Damit reproduziert die AfD das Frauenbild rechter Gruppierungen, wie beispielsweise der „Identitären Bewegung“, im Parlament und leistet antifeministischem Sprech gesellschaftlich massiv Vorschub.

Zunächst sieht sich die AfD durch einen allgemeinen Rückgang der „angestammten Bevölkerung“ hierzulande mit einem „Trend zur Selbstabschaffung“ konfrontiert. Durch verfehlte Zuwanderungspolitik wird die europäische Bevölkerung mittels Migration und Fortpflanzung vornehmlich durch muslimische Fremde ausgetauscht, so die Vorstellung der AfD. In diesem Sinne sagte der AfD-Abgeordnete Gottfried Curio in der Debatte um den von der AfD am 22. Februar eingebrachten Antrag zum „Verbot der Vollverschleierung im öffentlichen Raum“:

„Die Duldung der Frauenvermummung wäre ein fatales Zeichen, dass unser Rechtsstaat zurückweicht vor der kulturellen Landnahme durch radikalen Islamismus. (…) Wenn jetzt wegen verfehlter Zuwanderungspolitik unsere Frauen bald einer Mehrheit von jungen Männern aus archaischen, frauenfeindlichen Gesellschaften gegenüberstehen: Sollen unsere Frauen dann erst auf kurze Röcke verzichten, dann besser ihre Haare mit einem Kopftuch verhüllen, um am Ende in einer Burka eingesperrt herumlaufen zu müssen?“

Curio bedient sich antimuslimischer Stereotype, um mit (schreckens-)bildhafter Sprache und in paternalistischer Art und Weise deutlich zu machen, dass es „unsere Frauen“ vor dem Fremden zu schützen gilt: Zum einen durch den Stopp der „Masseneinwanderung“ und mittels Abschiebungen und zum anderen durch eine „aktivierende Familienpolitik“  – ganz im Sinne ihres Slogan bei der Bundestagswahl 2017 „Neue Deutsche machen wir lieber selber“. Dem AfD-Abgeordneten Martin Reichhardt zufolge ist es

„Aufgabe einer verantwortungsvollen Familienpolitik (…), alle verfügbaren Kräfte dafür einzusetzen, den schon länger hier Lebenden, nämlich den Deutschen, wieder die Möglichkeit zu geben, Kinder ohne Sorge um Armut zu bekommen und zu erziehen.“ Mit der AfD, so Reichhardt weiter sei „ein neuer Geist in den Bundestag eingezogen: ein Geist der Demokratie und Achtung vor dem deutschen Volk (…), ein Geist, der der Vergreisung und dem Aussterben des Souveräns entgegentritt. Wir bedauern das Aussterben der deutschen durch die kinder- und familienfeindliche Politik der jetzigen Bundesregierung.“

Während die AfD hier nationalistisch weit ausholt, bleibt sie sozialpolitische Antworten schuldig. Im Allgemeinen vertrat sie bislang in wirtschafts- und sozialpolitischen Debatten einen sehr neoliberalen Kurs. Damit richtet sie sich gegen „die kleinen Leute“ und die vielen Frauen, die von der herrschenden Sparpolitik besonders betroffen sind. In der Debatte zum Antrag der LINKEn „Lohndiskriminierung beenden – Equal Pay Day durchsetzen“ am 16. März bestritt der AfD Abgeordnete Thomas Ehrhorn ferner die Tatsache der Lohnungleichheit von Frauen. Der LINKEn ginge es:

 „um eine Neuauflage der verstaubten und ewig gestrigen Ideen des marxistisch-leninistischen Weltbilds, wonach es Hauptaufgabe ist, die Frauen in die Produktionsarbeit einzubeziehen, um schließlich die Familie als Keimzelle der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft zu überwinden.“

Doch die AfD greift nicht nur die antikommunistischen Feindmarkierungen des Konservatismus der 1950er Jahre auf, sondern richtet sich ebenso gegen die neueren frauenpolitischen Errungenschaften im Zuge der 68er Bewegung. In der Debatte zum Internationalen Frauentag wandte sich die AfD-Abgeordnete Nicole Höchst vehement gegen einen angeblichen „Gleichstellungstotalitarismus“, der den Zugang von Frauen zum Arbeitsmarkt als eine Errungenschaft, Quoten und andere Förderungen erbracht habe und damit das „Ansehen Millionen freier, selbstbestimmter Frauen“ zerstöre.

Jede Form struktureller Benachteiligung von Frauen wurde von Höchst bestritten:

„Die strukturelle Benachteiligung von Frauen gleicht einem Yeti: Jeder spricht darüber, aber noch niemand hat ihn ernsthaft gesehen.“

In den Reden finden sich viele weitere Beispiele dafür, wie die AfD das Thema Frauen und Frauenrechte vereinnahmt für antimuslimischen Rassismus und antilinke Hetze – nie geht es um eine wirkliche Stärkung der Selbstbestimmung und sozialen Stellung der Frauen hierzulande. Vielmehr werden einzelne Straftaten Geflüchteter immer wieder zum Aufhänger genommen, um gegen Einwanderung zu wettern und Frauenfeindlichkeit sowie sexuelle Gewalt als Problem außerhalb der deutschen Gesellschaft darzustellen.

Die Kölner Silvesternacht 2015/16 oder der Mord von Kandel werden hervorgehoben, die Sexualstraftaten deutscher hellhäutiger Männer aber nicht thematisiert. Geflüchtete und mehrheitlich muslimische Migranten werden zur alleinigen Tätergruppe erklärt, die sexuelle Gewalt deutscher Männer in der Folge relativiert und ignoriert. Diese Ablenkung vom breit existierenden Sexismus in Deutschland hilft keiner Frau und keinem Mädchen. Die Projektion von Gewalt gegen Frauen auf eine als außenstehend deklarierte Gruppe verhindert die Auseinandersetzung mit der eigenen patriarchalen Ordnung. Sie ist Mittel um die eigenen antifeministischen Rückschritte − das Wettern gegen die Gleichstellung, gegen die Lohnangleichung, gegen das Recht auf Schwangerschaftsabbruch oder die Drohung mit dem  Abbau von Sozialleistungen − mit dem Schutz der Frauen hierzulande vor der vermeintlich anstehenden Islamisierung, dem Kopftuch und der Burka, zu rechtfertigen.

Diesem durch die AfD einmal mehr beförderten antifeministischen Rollback muss die politische und gesellschaftliche Linke noch massiver entgegentreten. Feminismus ist antirassistisch, international und denkt die soziale Frage stets mit. Die rechte Vereinnahmung von Frauen für Rassismus ist ein wichtiges Mittel zur Spaltung der Gesellschaft, der wir uns immer entschieden entgegenstellen müssen.

Veröffentlicht in: Die Freiheitsliebe

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