Linke fragen nach Kontakten zwischen BMG und EU-Versendern

Quelle: DAZ.online, von Benjamin Rohrer, Chefredakteur

Die Linksfraktion im Bundestag hat eine ausführliche Kleine Anfrage zum Versandhandelskonflikt  an das Bundesgesundheitsministerium geschickt. Darin will die Oppositionsfraktion unter anderem erfahren, ob und wie oft Vertreter des BMG zuletzt Kontakt mit den EU-Versendern hatten, um über die aktuelle Gesetzgebung zu sprechen. Außerdem geht es um die Themen Gleichpreisigkeit, Rx-Versandverbot, das Auskunftsersuchen des OLG München und die ehemalige Firma von DocMorris-Vorstandsmitglied Max Müller und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) muss in den kommenden Wochen einen 30 Fragen umfassenden Fragenkatalog zum Versandhandelskonflikt bearbeiten. Die Linksfraktion, allen voran die Apothekerin Sylvia Gabelmann (in der Fraktion zuständig für Apothekenpolitik), hat die Kleine Anfrage an das Ministerium geschickt. Gabelmann und ihre Fraktion sehen den derzeitigen apothekenpolitischen Kurs des BMG sehr kritisch: Die Linken fordern seit Jahren ein Rx-Versandverbot und weniger Einfluss von kapitalgesteuerten Konzernen im Gesundheitswesen.

Schon in der Vorbemerkung zu ihrer Anfrage an das BMG kann man diese politische Überzeugung erkennen. Die Linken erinnern daran, dass das EuGH-Urteil im Herbst 2016 nur zustande kam, weil die Bundesregierung „keine ausreichenden Nachweise“ dafür einbrachte, dass die Rx-Preisbindung zum Erhalt der flächendeckenden Versorgung geeignet sei. In diesem Zusammenhang erinnern die Linken mit Verweis auf DAZ.online-Berichte auch an das Auskunftsersuchen des OLG München, bei dem das Gericht die Bundesregierung in dieser Sache um eine amtliche Auskunft gebeten hatte. Dass das Bundesgesundheitsministerium auf die Frage bislang nicht geantwortet hat, ordnet die Linksfraktion als „Skandal“ ein, „da so Fakten geschaffen werden könnten, die eine weitere Einschränkung der verbrieften Zuständigkeit des deutschen Gesetzgebers für das deutsche Gesundheits- und Sozialsystem zementieren“. 

Das lässt aus Sicht der Linken zwei Schlüsse zu: Entweder im BMG wisse man nichts davon, dass die im Arzneimittelgesetz (§ 78) festgehaltene Rx-Preisbindung für EU-Versender unmittelbar mit wichtigen anderen Regelungen im Arzneimittelmarkt verbunden ist, oder dies werde „bewusst negiert“. Für die Linken passen auch die Pläne des BMG zum E-Rezept „ins Bild“ und dass künftig Pharmazeutisch-technische Angestellte (PTA) gewisse Aufgaben auch ohne Aufsicht von Apothekern durchführen können sollen – weil dies die Versender bevorteile. Die Linken erinnern auch an die ehemalige Politik-Beratungsfirma „Politas“, die Jens Spahn mit „seinem früheren Geschäftspartner M.M.“ betrieb, der heute im Vorstand von DocMorris sitze. Mit Blick auf diese frühere Kooperation weisen die Linken auf „Experten“ hin, die erklärten, dass das Apotheken-Stärkungsgesetz zu einer „Lex DocMorris & Co.“ werden könnte. Zur Erinnerung: Diese Äußerungen waren im Rahmen einer außerordentlichen Versammlung der Kammer Niedersachsen gefallen. Allerdings war damals noch aktueller Stand, dass das BMG einen Rx-Boni-Deckel bei 2,50 Euro zulassen wollte.

Linke: Die EU-Versender werden nicht kontrolliert!

Die Linken beschäftigen sich in ihrer Anfrage auch mit der Rolle der niederländischen Versandkonzerne. Dazu weist die Oppositionsfraktion darauf hin, dass die Arzneimittel-Überwachungsbehörde die EU-Versender 2017 als Grenzapotheken definiert hat und dass „von den niederländischen Regelungen für diese Apotheken dispensiert werden könne“, wenn die Apotheke eine Erklärung der Behörde des Landes vorlegt, in das sie versendet. Gleichzeitig habe aber das BMG im Juni 2018 mitgeteilt, „dass die Niederlande die Überwachung der Apotheken in ihrem Hoheitsgebiet in eigener Zuständigkeit regeln und vollziehen würden und deutsche Behörden durch niederländisches Recht grundsätzlich nicht zu Überwachungsmaßnahmen in den Niederlanden verpflichtet werden könnten“. Die Linksfraktion kommt daher zu dem Schluss: „Aus Sicht der Fragestellenden scheint damit eine Prüfung der Versandapotheken, die nach dem niederländischen Recht als ‚Grenzapotheke‘ eingestuft werden, nicht zu existieren.“

Nach dieser ausführlichen Vorbemerkung folgt ein ebenso ausführlicher Fragenkatalog. Zunächst geht es um das Auskunftsersuchen des OLG München – die Linken wollen unter anderem wissen, warum das BMG bislang nicht geantwortet hat. Was die Gleichpreisigkeit betrifft, erkundigen sich die Linken danach, welche Auswirkungen die Aufgabe der Festpreise auf „weitere wesentliche Strukturmerkmale des deutschen Arzneiversorgungssystems“ haben.

Wer aus dem BMG hat mit den EU-Versendern über was gesprochen?

Dann geht es um die EU-Versender. Die Linken wollen wissen, welche „Kontakte oder Kontaktversuche“ es von Seiten ausländischer Versender gab, die mit dem aktuellen Apothekengesetzgebungsverfahren zusammenhingen. Die Fraktion interessiert sich auch dafür, wer aus dem BMG diese eventuellen Treffen/Kontakte wahrgenommen hat und ob es dabei um die Rx-Festpreise in § 78 des Arzneimittelgesetzes ging. Was das Apotheken-Stärkungsgesetz selbst betrifft, wird danach gefragt, wie die Bundesregierung sicherstellen will, dass sich die EU-Versender an die neuen Vorgaben halten. In diesem Zusammenhang wollen die Linken auch wissen, wie die Bundesregierung die Europarechtskonformität des Rx-Versandverbots bewertet.

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