Quelle: Pharmazeutische Zeitung, von Christina Müller
In einer Schriftlichen Frage erkundigt sich die Bundestagsabgeordnete Sylvia Gabelmann (Linke), auf welcher Datenbasis das geplante Gutachten zur Rx-Preisbindung erstellt wird. Die Antwort des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), die der Pharmazeutischen Zeitung exklusiv vorliegt, bringt die Arzneimittelexpertin auf die Palme.
Erst kürzlich war bekannt geworden, dass Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bereits im November ein Gutachten in Auftrag gegeben hatte, das die Auswirkungen einer partiellen oder vollständigen Aufgabe der Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel untersuchen soll. Unter den Apothekern hat das für Verunsicherung gesorgt: Sammelt Spahn Argumente, um das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) in Brüssel zu verteidigen, oder will er die Preisbindung kippen?
Auf Anfrage beteuert das BMG, mit dem Gutachten Spahns Apothekenreform stützen zu wollen. Diese enthält neben einem Honorartopf für neue pharmazeutische Dienstleistungen auch ein Boni-Verbot für rezeptpflichtige Medikamente. Der Minister will dieses im Sozialrecht verankern und es so vor dem Zugriff des EU-Rechts schützen. Gelingt dieser Kniff, dürften Versender mit Sitz im EU-Ausland künftig keine Preisnachlässe auf Rx-Arzneien mehr gewähren – zumindest nicht im Bereich der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Damit wäre für Kassenpatienten das Rabattverbot wiederhergestellt, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Urteil vom Oktober 2016 für Versandapotheken aus dem EU-Ausland ausgesetzt hatte.
Details zum Gutachten wollten jedoch weder das Ministerium noch die Auftragnehmer, das IGES-Institut und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), nennen. Die arzneimittelpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Sylvia Gabelmann, wollte es genauer wissen: In einer Schriftlichen Frage an das BMG erkundigte sie sich, auf welcher Datenbasis das Gutachten fußen soll und ob dabei auch die Ergebnisse aus dem ABDA-Datenpanel berücksichtigt werden. In einer Online-Befragung unter Apothekenleitern hatte die Bundesvereinigung im Jahr 2018 erstmals Informationen gesammelt mit dem Ziel, eine verlässliche Datengrundlage zur Situation der öffentlichen Apotheken zu schaffen und so die gemeinsame Interessenvertretung der Apothekerschaft auf Bundes- und Landesebene gegenüber Politik, Krankenkassen und Medien zu erleichtern.
In seiner Antwort, die der Pharmazeutischen Zeitung exklusiv vorliegt, weicht das BMG aus. »Grundlage für das Gutachten sind insbesondere frei zugängliche statistische Daten«, schreibt die zuständige Staatssekretärin Sabine Weiss. »Die wissenschaftliche Konzeptionierung des Gutachtens einschließlich der relevanten Datenerhebung bleibt der Auftragnehmerin, einem wissenschaftlichen Forschungsinstitut, überlassen.«
Gabelmann ist von der Auskunft des BMG enttäuscht, wie sie gegenüber der PZ mitteilte. »Die Schaffung von Transparenz und auch das parlamentarische Auskunftsrecht scheinen im Ministerium nicht den allerhöchsten Stellenwert zu haben.« Sie hält es nicht für glaubhaft, dass das BMG als Auftraggeber keinerlei Kenntnisse hat, welches Datenmaterial die Grundlage für das Gutachten bildet. »Es ist schon irritierend, welche Geheimnisse im Moment um Gutachten gemacht werden«, moniert Gabelmann. Das Vorgehen des Ministeriums hält sie für inakzeptabel. Sie fordert die Bundesregierung auf, mehr Details des Gutachtens zum Apothekenmarkt öffentlich zu machen.