MdB Sylvia Gabelmann unterstützt Antikriegsinitiative, die von einer Reihe von Mandats- und Funktionsträgerinnen und -trägern der LINKEN unterstützt wird:
“Am 1. September 1939 begann mit dem Angriff der deutschen Wehrmacht auf Polen der Zweite Weltkrieg. Die Gesamtopfer dieses Krieges, den Nazideutschland verantwortete, sind mehr als 55 Millionen Tote, davon allein 28 Millionen Menschen in der Sowjetunion. Über sechs Millionen Jüdinnen und Juden und 500.000 Sinti und Roma wurden ermordet. Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Vernichtungslager Auschwitz, und am 8. Mai 1945 kapitulierte die deutsche Wehrmacht, die entsetzliche Verbrechen verantwortete, gegenüber der Sowjetunion, den USA, Großbritannien und Frankreich. Europa lag in Trümmern. Alle diejenigen, die ein antifaschistisches Deutschland wiederaufbauen wollten, waren sich einig, dass es nach der Verantwortung für zwei Weltkriege in einem Jahrhundert keine deutsche Armee mehr braucht. Der Schwur von Buchenwald »Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus« schloss mit ein, dass es keine deutsche Wiederbewaffnung geben sollte und keine deutsche Rüstungsindustrie, die aus dem Tod ein Geschäft macht.
Im Kalten Krieg fiel dieser friedenspolitische Grundsatz, obwohl sich in der Bundesrepublik eine breite gesellschaftliche Bewegung gegen die Remilitarisierung gestellt hatte. Konsens über alle politischen Grenzen hinweg, auch als Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg, blieb, dass die Soldaten der Bundeswehr nicht im Ausland eingesetzt werden und deutsche Waffen nicht die Kriege in aller Welt nähren sollten. Dieser Konsens wurde nach dem Ende des Kalten Krieges aufgebrochen. Auch SPD und Grüne stimmten fortan im Bundestag für Auslandseinsätze der Bundeswehr. Rüstungsexporte in alle Welt wurden zum neuen Markenzeichen der Berliner Republik. Fortan beteiligte sich Deutschland an den weltweiten Kriegen um Rohstoffe, Marktzugänge und geopolitischen Einfluss. Der Umbau der NATO weg von der formalen Bündnisverteidigung zu einem globalen Kriegsführungsbündnis wurde von der rot-grünen Bundesregierung mit der neuen NATO-Charta 1999 ebenso mitgetragen wie das Heranrücken des Militärpakts durch stetige Erweiterungen bis an die russische Grenze.
Angesichts dieser verheerenden Entwicklungen war und ist es der Gründungskonsens der Partei Die Linke, die Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen zurückzuholen und Rüstungsexporte generell zu verbieten. Aufgrund der Erfahrungen mit SPD und Grünen, die als Regierungsparteien den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien mit führten, wurde im Erfurter Grundsatzprogramm eine Beteiligung an einer Regierung, die Kampfeinsätze der Bundeswehr führt, ausgeschlossen. Und es ging bei der Gründung der Partei Die Linke nicht nur um die Forderung nach Auflösung der NATO und deren Ersetzung durch ein kollektives Sicherheitssystem unter Einschluss Russlands, sondern es wurde zugleich vereinbart, diese Auflösung der NATO auch durch konkrete Schritte mit zu befördern. Deshalb gehört zum Gründungskonsens der Partei Die Linke auch die Forderung, dass Deutschland aus den militärischen Strukturen der NATO austritt. Kurz: Die Ablehnung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr ist keine Frage, die mit anderen Parteien »diskursiv« geklärt werden könnte. Die Frage der Auslandseinsätze der Bundeswehr und die Frage, wie wir zum Aufrüstungspakt NATO stehen, sind der Lackmustest unserer friedenspolitischen Glaubwürdigkeit.
Im Zuge der Debatte um Regierungsbeteiligungen wird von einigen in der Partei Die Linke dieser Gründungskonsens in Frage gestellt und eine bedingungslose Koalitionsbereitschaft in Richtung SPD und Grüne signalisiert. Bisher formulierte Haltelinien für Regierungsbeteiligungen werden relativiert bis ignoriert. Das ist fatal für die Zukunft der Partei Die Linke und eine Schwächung der breiten gesellschaftlichen Bewegung für Frieden und Abrüstung. Wir sehen darin auch einen Angriff auf die friedenspolitischen Grundpositionen unserer Partei und weisen diesen Versuch, den Markenkern der Linken beschädigen zu wollen, in aller Schärfe zurück.
Unsere roten Haltelinien für Regierungsbeteiligungen sind nicht verhandelbar, denn sie sichern die Glaubwürdigkeit der Linken ab. Eine Regierungsbeteiligung einer Linken, die dafür friedenspolitische Grundsätze über Bord wirft, ist nicht erstrebenswert. Wir sagen in Anlehnung an ein Wort von Willy Brandt zur Sozialdemokratie: Es hat keinen Sinn, eine Regierungsbeteiligung für Die Linke zu erringen, wenn der Preis dafür ist, keine Linke mehr zu sein.
Statt bedingungslose Koalitionsbereitschaft zu signalisieren, müssen wir gemeinsam mit der Friedensbewegung Druck machen, damit sich die SPD wieder auf Frieden und Abrüstung verpflichtet und die Grünen sich ihrer pazifistischen Wurzeln erinnern.”