Redebeitrag von MdB Sylvia Gabelmann (DIE LINKE) am Freitag (11. September) auf einer Kundgebung in Siegen, die in Solidarität mit den Geflüchteten in Griechenland stattgefunden hat
“Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Anwesende,
ich freue mich sehr, dass sich so viele von Euch heute hier versammelt haben. Trotzdem muss ich Euch auch sagen, dass es mir mittlerweile schwerfällt, die gebotene Fassung zu bewahren. Nunmehr seit Jahren sitzen Tausende Geflüchtete in Not und Elend in den griechischen Lagern fest und wir führen langatmigen Debatten über vermeintlich europäische Lösungen, die sicher zu begrüßen wären, jedoch seit geraumer Zeit an rechten Regierungen wie denen von Ungarn und Polen, aber aktuell auch Österreich und den Niederlanden scheitern. Die Zeit des Redens ist jedoch lange vorbei. Den Geflüchteten muss endlich geholfen werden. Wir können helfen und eine Reihe von Städten hat dies in den letzten Tagen auch immer wieder betont. Es gibt ganz konkrete Möglichkeiten, den Menschen endlich ein Dach über dem Kopf zu ermöglichen und ihnen Zugang zu einer ordentlichen Gesundheitsversorgung zu verschaffen. Diese einfach Nothilfe scheitert jedoch noch immer an Bundesinnenminister Horst Seehofer von der CSU. Ich weiß wirklich nicht wie herzlos man sein muss, um die menschenverachtenden Zustände, wie sie in Griechenland für die Geflüchteten seit langer Zeit herrschen, weiterhin zu ignorieren.
Es ist übrigens nicht explizit „links“, Menschen in Not zu helfen. Das kann man auch aus einer religiösen und sogar auch aus einer konservativen Haltung heraus. Einig sollten wir uns jedoch sein, dass es zum guten Anstand gehören sollte, Notleidenden zu helfen. Erst recht, wenn man es kann! Über 170 Kommunen haben sich bereit erklärt, Menschen aufzunehmen! Nehmen wir dieses tolle Angebot doch endlich an und werben wir dafür, dass Solidarität und Mitgefühl mehr wiegen als nationalistische Engstirnigkeit und menschenverachtende Ignoranz! Selbst 16 Bundestagsabgeordnete aus der CDU und CSU fordern schließlich inzwischen die Aufnahme von 5.000 Menschen. Ich bin ihnen dafür sehr dankbar!
Liebe Freundinnen und Freunde! Soziale Rechte und der notwendige Schutz vor Infektionen mit Corona gelten auch für Geflüchtete! Auch wenn das zumindest bei Teilen der Bundesregierung noch immer nicht angekommen ist. Wir brauchen nun ein schnelles Handeln der Verantwortlichen. Keinesfalls brauchen wir Ersatzlager auf Lesbos, wie das aktuell auch gefordert wird. Wir verlängern damit nur das Elend und die Not der Betroffenen. Den Menschen muss aber nun endlich eine Perspektive geschaffen werden. Hier in Deutschland können sie unterkommen, die notwendige Versorgung erhalten und mit der Hilfe unseres medizinischen Personals auch versuchen, die bestehenden Traumata aufzuarbeiten!
Ich fordere die Bundesregierung daher zum wiederholten Mal auf, öffnen Sie endlich die Grenzen für diese Menschen in Not und damit auch für Werte wie Humanismus und Solidarität! Wenn Herr Seehofer dazu nicht bereit ist, muss er seinen Platz räumen oder endlich von der Kanzlerin entlassen werden! Schon vor dem Brand im Lager von Moria herrschten dort katastrophale Zustände. Auch dort gab es weder genügend Essen, Getränke noch sanitäre Anlagen und Decken. Nun gibt es selbst das alles nicht mehr. Wenn Deutschland jetzt nicht hilft und die Menschen aufnimmt, brauchen wir von Werten in diesem Land nicht mehr reden!
Vielen Dank.”
(Es gilt das gesprochene Wort)